Raum 6: Juden in Neumünster-Schicksale und Verbleib

Pestalozzischule 

 

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Juden in Neumünster

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Das Jahr 1933

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Verbleib und Schicksale

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Verletzung der Menschenrechte

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Neonazis in Neumünster

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Interessante Links in Schleswig - Holstein ...

 
 

 
 
 

 

 

 

 

 

  
Wie lebten Familie Heinz Baronowitz, Familie Salomon Minden und Hermann Plaut? Was erlebte Familie Schohl? Alte Dokumente, Briefwechsel, behördliche Urkunden und Fotos, die das Kulturamt in Neumünster gesammelt hat, lassen erahnen, was Tausenden von Juden in Deutschland passierte.  
  
  

Neu: 

Über unsere Webseite zum Thema "Juden in Neumünster" haben wir im Mai 2001 eine Rückmeldung von einem Enkel der Familie Baronowitz (s.u.) erhalten. Simon Baronowitz konnte uns (und dem Stadtarchivar der Stadt Neumünster) mit vielen weiteren Fotos und Informationen zum weiteren Lebenslauf seiner Familie weiter helfen!!

Diese Informationen haben wir nun ergänzend ins Netz gestellt und können in Raum 6b eingesehen werden!

 

Was man bisher herausfand:  
   
Der Neumünsteraner Historiker Dr. Carsten Obst ist bislang der einzige, der sich wissenschaftlich mit dem Thema befasst hat. In einem Aufsatz von 1997 fasst er die bislang kargen Erkenntnisse zusammen.  
Wichtigste Quelle ist dabei eine Personenkartei, die eine Reihe von Mitgliedern der jüdischen Gemeinde enthält. Die Angaben dazu stammen aus der jüdischen Gemeinde Segeberg, an die die Neumünsteraner Juden angeschlossen waren.  
In der lückenhaften Liste heißt es oft "Verbleib unbekannt". Von vielen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern scheint sicher, dass sie nach Auschwitz deportiert und dort in den Gaskammern ermordet wurden. Zu den Neumünsteranern, die vermutlich in dem berüchtigten Vernichtungslager starben, gehören Selig Bleiweis, Rita Gumprich, Max Krutz und Erwin Minden. Ein Teil flüchtete ins Ausland. Der Arzt Jürgen Johann Zippert ging beispielsweise nach New York. Der jüdische Kaufmann Günter Minden überlebte in Shanghai. Wenige von den 70 überstanden die Zeit in Neumünster selbst: Ida Theoboldt (geb. Rosenstein) in der Feldstraße 33, Hermann Plaut am Jugendspielplatz.  

Noch am 23. Juli 1933 predigte Oberrabiner Dr. Joseph Carlebach in Neumünster und drückte seine Hoffnung aus, dass die "Gespenster der Nacht" sich "beschämt in ihre Schlupfwinkel zurückziehen würden." Er hatte sich getäuscht. Zusammen mit seiner Frau und seinen drei jüngsten Töchtern wurde er im März 1942 im Lager von Riga erschossen. Eine Tochter überlebte: Miriam Gillis-Carlebach. Heute lebt sie in Israel. (vgl. Titel: "Menora und Hakenkreuz" aus dem Wachholtz Verlag ist ab sofort im Buchhandel erhältlich.)  
  

Lebenswege  
Heinz Baronowitz und seine Familie  
Weitere ausführliche Informationen zur Familie sind nun in Raum 6b zu finden!

Text 1999: Zu den Neumünsteranern, deren Lebensweg jetzt wieder auftauchte, gehört Heinz Baronowitz. Der jüdische kaufmännische Angestellte und Reisende  lebte in der Propstenstraße 3, wo er auch ein kleines Textilgeschäft betrieb. Aus Angst vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten, schickte er 1938 seine beiden Kinder Dagmar und Peter nach Großbritannien. Dort überlebten sie die Nazi-Zeit.  

 
(Das Mädchen rechts ist Dagmar Baronowitz. Nach ihr wird immer noch gesucht.) 
 
Die Kinder wuchsen angeblich in England getrennt voneinander auf. Peter soll Arzt in Australien geworden sein und gilt als verstorben, nach Dagmar wird immer noch gesucht. 
Dem Ehepaar Baronowitz selbst, die Frau Charlotte war Nicht-Jüdin, blieb eine Ausreise verwehrt. Wahrscheinlich im Jahr 1940 holte die Gestapo Baronowitz aus der Propstenstraße ab. Er kam ins Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg. Lotte Baronowitz erhielt 1942 eine Mitteilung, dass ihr Mann im Arbeitslager Wewelsburg  verstorben sei. Im November 1948 geht Frau Baronowitz nach England, wo sich ihre Spur verliert. 
  

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Heinz Baronowitz (li) und seine Frau Charlotte (rechts). 
  

"Ein früherer Freund der Familie hat mir die Geschichte erzählt und Fotos mitgebracht", sagte Martin Sadek. Der Mann sei damals noch ein Kind gewesen und habe oft mit der Familie Baronowitz Ausflüge unternommen. "Er hat geweint, als er mir von dem Schicksal seines Freundes berichtet hat."  
 

  Vergleiche auch Informationen in  Raum 6b!

 

 

 

 

  
Familie Schohl

  

Die Familie Schohl kam im Jahre 1928 von Pirmasens nach Neumünster, wo der Vater die Leitung der Lederfabrik Wiese in der Rendsburger Straße 100 übernimmt. Schohls wohnten in der Rendsburger Straße 84 (Das Haus wurde im Krieg zerstört). 
Die Kinder Konrad und Renate besuchten die Grundschule und dann die Holstenschule beziehungsweise die Klaus-Groth Schule. 

Ehemalige Mitschülerinnen erzählten, wie Renate in der Klaus-Groth-Schule durch verständnisvolle Lehrer "normal" behandelt wurde. Studienrat Dr. Eitle hatte mit ihr die Hauptrolle in einem Märchenspiel eingeübt, zur Begeisterung der Mitschülerinnen. Jedoch kurz vor der Aufführung setze eine Lehrerin den NS-Grundsatz durch, dass keine jüdische Schülerin derart hervor gehoben werden durfte. Bei einer "Flaggenparade" der Schule wurde Renate Schohl von derselben Lehrerin angefaucht: "Wagst du als Jüdin es immer noch, deine Hand zum deutschen Gruß zu erheben!"

  
 

 

Renate Schohl (geb. 1923) auf einem Klassenfoto. 
 
Nach der Schließung der Lederfabrik Wiese übernahm ihr Vater Karl Schohl die Lederfabrik Böhme + Co. in Nortorf. Nach dem durch die Nazis erzwungenen Verkauf der Firma Böhme und Co. gingen die Schohls nach Hamburg und von dort nach England, um von dort nach Amerika auszureisen.

Renate ist gelernte Krankenschwester und heiratet vor der Überfahrt nach Amerika im Juli 1945 Erwin Guggenheim, den sie in Hamburg kennen gelernt hatte. Sie lebt heute mit ihrem Mann bei San Francisco, ihr Bruder Konrad (der sich Conrad J. Watson nennt) stirbt 1997 in Kalifornien.  
Es ist nicht bekannt, wann Herr Schohl gestorben ist, seine Frau starb 1991 mit 96 Jahren.

  
Familie David und Rosa Minden  

Die 76jährige Waltraud Nischwitz erinnerte sich an eine Schulkameradin namens Ella Minden, die mit ihr gemeinsam zur Peterschule ging. Ein Klassenfoto von 1934 mit dem rotblonden Mädchen fand sie in einem Schuhkarton. Der Vater war Besitzer eines Tuchgeschäftes auf dem Großflecken. Die Mindens wohnten seit 1936 in der Kieler Straße 94. 
  
"Ich erinnere mich daran, wie die Familie abgeholt wurde", sagte Waltraud Nischwitz. Links und rechts von der Haustür standen SA-Leute in Uniform. Ella, ihre Geschwister Ruth, Eva und ein Bruder und die Eltern mussten durch das Spalier der Wächter hindurchgehen. Was aus der Familie geworden ist, ist unbekannt (vgl.: Obst: Juden in Neumünster - Suche nach Zeitzeugen erfolgreich).

 
 
(Das zerstörte Neumünster 1945) 
 
Von den etwa 93 in Neumünster lebenden Juden kamen laut Obst drei in den Lagern Wewelsberg, Riga und Theresienstadt ums Leben. 14 Neumünsteraner sind in den Lagern verschollen. Einige emigrierten. Das Schicksal von 61 Menschen ist bisher ungeklärt. (Quelle: "Menora und Hakenkreuz" 1998)

Nachtrag aus dem Jahr 2015

Spätere Forschungsergebnisse über die Großfamilie Minden: Gerhard Scheurich: „Ein Stolperstein mit Fragezeichen“, zweite, überarbeitete Auflage, Neumünster 2011. Die Veröffentlichung von Gerhard Scheurich befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Schicksal von Egon Minden, dem ältesten Sohn der Familie und dessen eigener Familie. Weiterhin enthält die Veröffentlichung zahlreiche Informationen und Bilder von Egon Mindens Eltern und Geschwistern. Das Buch ist zurzeit vergriffen, kann bei Bedarf nachgedruckt werden. Je ein Exemplar steht im Stadtarchiv Neumünster und der Stadtbücherei Neumünster zur Verfügung. Anfragen an Gerhard Scheurich . 

 

Links zur Buchpräsentation

 

Recherchen zum Stolperstein von Egon Salomon Minden

http://www.nms-bunt-statt-braun.de/169.html (Stand: 6.7.2015)

 

Landkarte mit den Stationen des Leidensweges von Herrn Egon Salomon Minden
http://www.nms-bunt-statt-braun.de/fileadmin/user_upload/Redakteur/Bilder/Europa.jpg (Stand: 14.7.2015)

 

Auf den Spuren des NS-Opfers Egon Minden (SHZ vom 14.9.2013)

http://www.shz.de/lokales/holsteinischer-courier/auf-den-spuren-des-ns-opfers-egon-minden-id3658871.html  (Stand: 14.7.2015)

 

 

 

Zeitzeugen gesucht!! 

  
Von 47 Juden  sind 16 Juden  in Neumünster geblieben. Leider haben wir nicht  herausgefunden, was mit den 16 Juden in  Neumünster geschehen ist und was  die  31 Juden gemacht haben. Unsere Informationsquelle besagt nur, dass die meisten ins Ausland ausgewandert sind. In Neumünster waren 1871  zehn Juden, 1905 waren es 28 Juden, 1925 waren es 43 Juden und 1986 lebten noch 3 Juden in  Neumünster.  
  
Vielleicht kennt Ihr auch jemanden, der etwas über diesen Teil der Geschichte unserer Stadt Neumünster weiß? Dann schaut doch auch in unseren Raum 6a. 

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updated by Uta Hartwig, 18.02.15